Bei der Aktion »Rollentausch« hospitierten vergangenen Freitag Dr. Florian Janik, Oberbürgermeister der Stadt Erlangen, und Bürgermeisterin Dr. Elisabeth Preuß bei der Diakonie Erlangen. Ziel der Aktion ist es, dass Menschen, die im öffentlichen Leben Verantwortung tragen und Entscheidungen treffen, den Alltag in der sozialen Arbeit und die Lebenswelt der Klienten und Klientinnen verstehen.
Rollentausch ermöglicht wichtige Einblicke
Anderthalb Stunden nahm sich Janik für den Perspektivenwechsel und wichtigen Austausch mit den Pflegekräften im Hospiz Erlangen. »Ich dachte, vielleicht ist es für ihn ein ‚Pflichttermin‘«, gesteht Alexander Kulla, Leiter des Hospizes, »aber er war wirklich mit Begeisterung dabei und interessiert daran, welche Bedarfe wir hier konkret haben«. Natürlich ging es viel um die aktuelle Situation in der Pflege, berichtet Kulla. Aber auch gegenüber den »Gästen«, wie die Bewohner und Bewohnerinnen im Hospiz heißen, war keine Scheu zu spüren: Ehe der Oberbürgermeister sich versah, steckte er in der Rolle des »Rosenkavaliers«, und verteilte die jeden Freitag frisch eintreffenden Rosen in den Zimmern. Eine, die die Gelegenheit nutzte, das Gespräch mit dem Oberbürgermeister zu suchen, ist Lilo. Seit knapp einer Woche ist sie im Hospiz, immer wieder leidet sie unter starker Atemnot. Die engagierte Erlangerin konnte nun noch einmal ihre Wünsche für die Zukunft der Stadt kundtun und von ihrer Liebe für den Dechsendorfer Weiher erzählen.
»Das, was hier geleistet wird, ist wichtig um den Kontakt zu den Leuten nicht zu verlieren«, so Dr. Elisabeth Preuß nach ihrem Einsatz bei der Aktion »Rollentausch«. Und genau das sei eine Grundlage für ihre Arbeit als Bürgermeisterin. Gemeinsam mit Hartmut Walter von den Hilfen für Menschen in Wohnungsnot besuchte sie zwei seiner schwierigsten Klienten. Sie weiß: »Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man am Schreibtisch mit den Zahlen agiert oder sich mit allen Sinnen ein Bild macht«. Die Ansprache auf Augenhöhe ist für sie aber eine Selbstverständlichkeit, von Berührungsängsten keine Spur. Einer der Klienten ist Christoph W.*, ein gebildeter Mann. Der 64-Jährige hat studiert und war Geschäftsführer eines Bauunternehmens, dann ist er abgerutscht. Heute lebt er in einer städtischen Verfügungswohnung und ist durch seine schwere Parkinsonerkrankung stark beeinträchtigt. Hartmut Walter unterstützt ihn zum Beispiel bei Arztbesuchen, die er alleine nicht antreten könnte. »Manchmal geht es nur darum, einen weiteren Absturz zu verhindern«, weiß der Sozialwirt. Für die Wertschätzung, die ihm die Bürgermeisterin für seine Arbeit entgegenbringt, ist er dankbar. Das Fazit nach zwei gemeinsamen Hausbesuchen und dem anschließenden langen Gespräch: »Gerne wieder!«.
* Name geändert