»Eine solche Welle der Solidarität habe ich nie erlebt«

Jochen Nußbaum, Leitung der Spendenabteilung der Diakonie Erlangen, liebt seine Arbeit als Brückenbauer zwischen Menschen, die Hilfe brauchen, und Menschen, die helfen wollen. »Gefühlt«, sagt er, »so viel Not und gleichermaßen so viel Hilfsbereitschaft wie im Coronajahr war wohl nie«. Eine neue Kollegin, Stephanie Öttl, unterstützt seit Juni das vierköpfige Team.

Eine Frau und ein Mann stehen auf einer Wiese vor einem großen Haus und schauen in die Kamera.

Stephanie Öttl (l.) und Jochen Nußbaum (r.).

Lieber Herr Nußbaum, wie blicken Sie auf dieses letzte Jahr zurück?
Dankbar und überwältigt! Wir haben mit jeder Coronawelle auch eine Welle der Hilfsbereitschaft erfahren. Wahnsinnig viele Sach- und Lebensmittelspenden und ebenso bei den Geldspenden für unsere Arbeit – die haben alle Rekorde gebrochen: 25 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr.

Lassen Sie es uns noch konkreter machen: Gibt es vielleicht ein exemplarisches Spendenereignis, das sie herausgreifen können, weil es dieses ohne Corona wohl nicht gegeben hätte?
Da denke ich zum Beispiel an die von Spendern*innen finanzierten Gastronomie-Gutscheine für Tafel-Kunden*innen. Dies half nicht nur den von uns versorgten Menschen, sondern auch den unter den Lockdowns leidenden Restaurants. Oder an die Spende vom Leo-Club Erlangen, der Jugendorganisation von Lions Clubs. Unter anderem deren Unterstützung ermöglichte es z. B. unserer Bahnhofsmission, Thermobecher für ihre Besucher*innen anzuschaffen. Dadurch konnten die Mitarbeitenden die Menschen draußen mit warmen Getränken versorgen, denn der Innenraum war ja geschlossen. Ein ganz anderes Beispiel: Etliche Unternehmen und auch das Malteser Waldkrankenhaus haben gesagt: Wir können dieses Jahr keine Weihnachtsfeier machen. Was können wir stattdessen mit dem Geld Gutes tun?

Was treibt die Menschen an, in der Krise ihr Herz und ihren Geldbeutel aufzumachen, anstatt die eigenen Mittel zusammenzuhalten in unsicheren Zeiten?
Ich hatte den Eindruck, dass dieses Virus und seine schlimmen Folgen jedem von uns sehr nah gekommen sind. Dieses Gefühl, dass es jeden treffen könnte, das hat viel bei den Leuten ausgelöst. Und dann entstand auch ein ganz klares Bewusstsein dafür, wie gut es vielen geht, welche Sicherheiten sie haben im Vergleich zu anderen. Welches Glück mit Familie und Beruf. Das plötzlich auch wahrzunehmen. Dazu kam die sehr sichtbare Not anderer: »Bleiben Sie zuhause!« – dieser einfache Satz, verbunden mit den Bildern obdachloser Menschen, die nirgendwo unterkommen. Das hat die Leute aufgewühlt und mobilisiert: Sie wollten die soziale Kluft überbrücken.

Was kann die Diakonie Erlangen mit diesem Mehr von Hilfe erreichen?
Wir sind in der Lage, unsere Hilfen für die Menschen aufrechtzuerhalten, die sie dringend brauchen – zum Teil sogar auszubauen. Keiner weiß ja, wie es weitergeht. Dass nach der Krise gespart wird – auch an manchen sozialen Belangen – ist zu befürchten. Andererseits: Allein im letzten Jahr hat sich auch richtig viel bewegt. Bestes Beispiel: Die Tafel hatte einen tollen Zulauf von neuen Ehrenamtlichen – vor allem Schüler*innen und Studenten*innen. Damit konnten die selbst zu den Risikogruppen zählenden Stammkräfte entlastet und geschützt werden. Dazu kommt der Ausbau des Tafelmobil-Dienstes. Durch die Corona-Krise war und ist es füreinige Tafelkunden*innen mit Vorerkrankungen nicht mehr möglich, persönlich zur Ausgabe zu kommen. Zudem steigt die Zahl der Senioren*innen und somit auch die Zahl der Kunden*innen, die immobil sind. Die Tafel hat ihren Lieferservice um ca. 30 Prozent ausgebaut. Möglich wurde das auch durch ein drittes Fahrzeug, unser neues E-Lastenrad. Ohne Spenden ist das alles nicht denkbar.

Was hat sich in Ihrem Team nach diesen letzten Monaten verändert?
Wir hatten so viele Anfragen von Menschen, die helfen wollen – nicht nur im letzten Jahr: Völlig zu Recht wollen sie genau wissen, was mit ihrer finanziellen Unterstützung passiert und was sie bewirkt. Das gilt genauso für Menschen, die über ihr Erbe nachdenken. Und darauf haben wir reagiert: Seit Juni haben wir eine neue Kollegin im jetzt vierköpfigen Spendenteam, Stephanie Öttl, die sich künftig um Benefizaktionen und die vielen Firmen und Spender*innen kümmert, die unsere Arbeit regelmäßig oder mit kleineren, anlassbezogenen Aktionen unterstützen. Ich wiederum werde verstärkt Menschen beraten, die z. B. mit ihrem Vermächtnis oder einem größeren Teil ihres Vermögens langfristig Gutes tun wollen. Ziel ist es, künftig noch besser sicherzustellen, dass sie sich in ihrem Engagement wirklich gut beraten und richtig verortet fühlen.

 

Kontakt
Jochen Nußbaum
T. (09131) 63 01 – 116
jochen.nussbaum@diakonie-erlangen.de

Stephanie Öttl
T. (09131) 63 01 – 136
stephanie.oettl@diakonie-erlangen.de 

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Hilfe im Leben – Diakonie Erlangen