Historie

Von damals bis heute 25 Jahre Tafel Erlangen

Elke Bollmann

Seit Ende 2019 leitet Elke Bollmann die drei Ausgabestellen der Tafel Erlangen. Den Kunden*innen mit Respekt und auf Augenhöhe zu begegnen ist ihr besonders wichtig.

Eine Welle der Hilfsbereitschaft erreichte unsere Stadt

Es war 1996 im März, als acht Studierende auf dem Parkplatz des Diakonischen Werks in der Raumerstraße Tische aufbauten. Sechs Kisten gefüllt mit Backwaren und Gemüse hatten sie daraufgestellt und warteten auf die ersten Interessenten*innen an dem neuen Angebot: Der Erlanger Tafel.

Inspiriert durch die Gründung von Tafeln in ganz Deutschland ab 1993 hatten sich diese jungen Leute entschlossen, Lebensmittel vor der Tonne zu retten und Menschen mit wenig Einkommen zu unterstützten. Jeden Samstag konnten von nun an auch in Erlangen Lebensmittel abgeholt werden – ohne Berechtigungsschein oder sonstige Hürden. In den ersten Wochen erschienen höchstens vier Kunden*innen pro Ausgabe, denn das Angebot war bei jenen, für die es geschaffen war, noch nicht bekannt. Darum begannen die Studierenden, die Werbetrommel zu schlagen: Sie knüpften z.B. Kontakte zur Presse, zu städtischen Einrichtungen u.s.w. und siehe da: Schon kurze Zeit später stiegen die Kundenzahlen. In der Folge wurde es immer schwieriger, das Angebot zu koordinieren. Werner Zeilinger, Diakon und Mitarbeiter des Diakonischen Werks Erlangen e.V., übernahm organisatorische Aufgaben und unterstützte damit die Studierenden in ihrem Engagement. 

Erika Mörtel

»Ich helfe gerne Menschen und freue mich mit ihnen über ihre kleinen und großen Erfolge.« Erika Mörtel ist Ehrenamtliche und Vorstandsmitglied des Fördervereins Tafel Erlangen e.V. Sie kann mit Lebensmitteln umgehen, denn ist ausgebildete Einzelhandelskauffrau und hat eine Bäckerei geführt. »Da ist mein Platz« sagt sie zur Tafel.

Ein großer Schub nach dem anderen

1998 übernahm Jörg Schultz die Leitung der Tafel Erlangen und baute den Betrieb auf vielen Ebenen nachhaltig aus: Es wurde ein Fahrzeug zur Abholung der Lebensmittel angeschafft, neue Kooperationen mit Lebensmittelspender*innen aufgebaut. Rund 25 Supermärkte und einige Gemüsebauern aus dem Knoblauchsland kamen so hinzu. Zum Teil bestehen sie bis heute: Z.B. die Partnerschaft mit Familie Rottner aus Nürnberg ist geblieben. Im gleichen Jahr wurde auch der Förderverein Erlanger Tafel e.V. gegründet. Bis heute ist dieser eine unverzichtbare Unterstützung. Zahlreiche Mitglieder des Vereins waren und sind gleichzeitig ehrenamtliche Mitarbeitende der Tafel. Ein doppeltes Engagement, das ihre außerordentliche Hilfsbereitschaft verdeutlicht. Einige der Gründungsmitglieder sind sogar 2021 noch immer in der Tafel aktiv, wie etwa Christine Gossrau (80) und Dietrich Söhndel (82).

Galina Murk 

arbeitet immer montags in der Schillerstraße und begrüßt jede/n Kunden*in und alle im Team mit einem strahlenden Lächeln.
 

Gerhard Murk 

ist flexibel. Er packt immer dort mit an, wo er gebraucht wird.

Durchschnittlich 40 Kunden*innen kamen Ende der Neunzigerjahre jede Woche zur Lebensmittelabholung am Samstag. Etwa 20 Mitarbeitende halfen bei den Vorbereitungen und der Ausgabe. Weitere Freiwillige warb Jörg Schultz, indem er die Arbeit der Tafel Erlangen auf den Ehrenamtsbörsen in der Stadt und im Landkreis Erlangen-Höchstadt bekannt machte und bewarb. Mit großem Erfolg: Dank vieler neuer Helfer*innen konnte man weitere Ausgabe-Standorte eröffnen, darunter 1999 im Diakonischen Zentrum in Büchenbach und Herzogenaurach im Jahr 2001.

Auch finanziell konnte Jörg Schultz viel erreichen: Er warb um Spenden bei lokalen Firmen, Service-Clubs und Privatpersonen, aber auch von staatlicher und städtischer Seite gab es Unterstützung: So erhielt die Tafel über Jahre hinweg zum Beispiel die Bußgelder aus Strafverfahren.

Jutta Wildner

»Ich helfe gerne und das macht mich glücklich.«

Jutta Wildner ist Ehrenamtliche und gehört seit über zehn Jahren zum Tafelteam. Ihr ist bewusst, wie wichtig ehrenamtliches Engagement für den Zusammenhalt in der Gesellschaft ist.

Christine EberhardT (l.) und Gisela Nerpas

organisieren montags die Obstausgabe und wissen wie wichtig eine ausgewogene Ernährung besonders für Kinder ist.

Der neue Standort: Schnell ausgewachsen

Die stetig steigenden Kundenzahlen erforderten Veränderungen: Der Parkplatz und das Treppenhaus in der Diakoniegeschäftsstelle in der Raumerstraße wurden endgültig zu klein, neue Räumlichkeiten mussten her. Das Team um Jörg Schultz machte sich auf die Suche nach einer neuen Ausgabestelle in der Erlanger Innenstadt und wurde schließlich mit einem leerstehenden Ladenlokal in der Luitpoldstr. 81 fündig. Der Erlanger Stadtrat wiederum war sich einig, dass die Stadt sich an der Finanzierung der Miete beteiligen würde, denn die Tafel hatte schon damals eine große Bedeutung für die Stadt. Bis heute stellt die Kommune Geldmittel zum Betrieb der Erlanger Tafel bereit. 

Die Ausstattung der neuen Räumlichkeiten finanzierte der Förderverein. Es konnten Kühlgeräte, Regale, Ausgabetische usw. angeschafft werden. Aus nur einem Ausgabetag wurden drei: Jeden Montag, Mittwoch und Samstag war die Tafel nun geöffnet. Schon kurz nach dem Umzug hatten sich ca. 100 weitere Abholer*innen bzw. Haushalte in der neuen Ausgabestelle angemeldet. 2004 stieg die Zahl noch einmal deutlich an. Denn zu dieser Zeit kamen viele deutschstämmige Familien aus der damaligen Sowjetunion nach Erlangen – der Neuanfang war für viele schwer.

Auf dem Bürgersteig an der Luitpoldstraße bildeten sich damals lange Warteschlangen. Das sorgte auch für Konflikte – für Kunden*innen, Mitarbeitende, aber auch Passanten war das eine belastende Situation. Es fehlte Platz und ein geschützter Bereich für die Abholer*innen der Lebensmittel. Auch die Lager- und Verkaufsräume platzten aus allen Nähten. Und so ging die Suche nach einem geeigneten Standort wieder los. 2012 war dieser endlich gefunden: In der Schillerstraße 52a zog die Fahrradwerkstatt der GGFA aus – später sollte die Tafel Erlangen die Türen hier wieder aufschließen.

Gisela Höhne

ist schon seit über zehn Jahren im Samstagsteam dabei. Als Mutter weiß sie, wie wichtig die Unterstützung der Tafel für Familien ist.
 

Helge Basten und Gerhard Friedrich 

arbeiten besonders gerne gemeinsam – im Team halten sie zusammen und haben Spaß.

Noch ein Umzug und das Kennenlernen

2013 übernahm Gertrud König die Leitung der Tafel Erlangen. Sie stemmte gemeinsam mit dem Vorstand des Fördervereins den Umbau in der Schillerstraße. Dazu gehörten umfangreiche Planungsarbeiten und große Entscheidungen. Bei der Finanzierung griff der Förderverein der Tafel wieder unter die Arme. Zur großen Freude der Tafelkundschaft und aller Mitarbeitenden war es im Jahr 2015 dann endlich soweit: Die Ausgabestelle zog in die Schillerstraße um. Und das war ein Grund zur Freude. Die Situation für die Abholer*innen verbesserte sich deutlich und auch die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden entspannten sich. Das alles lockte neue Helfer*innen an, die dringend gebraucht wurden. Wie wichtig dieser Zuwachs war, wurde kurz nach dem Umzug deutlich.

Denn es kam eine neue Herausforderung auf das Team zu: Viele Menschen aus verschiedenen Ländern flohen vor Krieg und Unruhen nach Deutschland und kamen auch in Erlangen an. Ein großer Teil von ihnen war anfangs auf Unterstützung von verschiedenen Seiten angewiesen. Ein wichtiger Baustein war die Lebensmittelverteilung der Tafel. Um alle Kunden*innen zu versorgen, musste jetzt umorganisiert werden: So wurden die Abholzeiten verlängert. Diese Monate waren auch eine Zeit des gegenseitigen Kennenlernens, trafen an den Ausgabestellen doch nun Menschen mit ganz verschiedenen kulturellen Prägungen aufeinander. Nach und nach wurde die Verständigung leichter und es entwickelte sich ein gutes Miteinander.

Jörg Schultz

leitete die Tafel Erlangen 15 Jahre lang. In dieser Zeit wuchs die Einrichtung aus ihren Kinderschuhen heraus.

Er sagt: »Man tut was man kann und macht das gerne für die Anderen.«

Gertrud König

übernahm die Leitung ab 2013 für sechs Jahre und setzte sich mit Leib und Seele für die Tafel ein. Mit viel Engagement stellte sie sich allen neuen Herausforderungen

Elke Bollmann

leitet die Tafel seit 2019. Sie ist jemand, der gerne anpackt. Als Leitung bedeutet das nicht nur Kisten schleppen, sondern vor allem Organisation und eine gute Teamführung.

Eine Welle der Solidarität

Im Jahr 2019 war das Tafel-Team in der Schillerstraße auf 70 Mitarbeitende angewachsen. Viele waren bereits zehn, fünfzehn Jahre dabei und kamen Woche für Woche, um mit den Fahrzeugen Lebensmittel einzusammeln, sie zu sortieren und zu verteilen. Ende 2019 übernahm Elke Bollmann die Einrichtungsleitung. Auf sie wartete schon die nächste ungeahnte Herausforderung: Die Corona-Pandemie veränderte seit dem Frühjahr 2020 den Betrieb der Tafel Erlangen elementar: In den Supermärkten wurden die Regale leer gekauft, sodass längere Zeit kaum noch Lebensmittel für die Tafelstellen übrig blieben. Viele ältere Mitarbeitende pausierten wegen gesundheitlicher Risiken. So mussten in kürzester Zeit neue Helfer*innen gefunden und Lebensmittel organisiert werden. Eine Welle der Solidarität erreichte das Erlanger Tafel-Team, als Lokalmedien über die Corona-Engpässe der Tafel berichteten. Die Zeit-, Geld- und Lebensmittelspenden von Bürgern*innen und Organisationen waren unfassbar groß. In der Folge war die Tafel in Erlangen eine der wenigen in Bayern, die in der Pandemie durchgängig geöffnet waren und ein wichtiger Anker im Leben der Kunden*innen blieb. 
 

Uta Zettl

Ob als Beifahrerin, an der Kasse oder bei der Ausgabe – wo Hilfe gebraucht wird, ist sie zur Stelle.
 

Roland Zopf

Der Ehrenamtliche betont: »Für mich war klar, da muss ich mit anpacken!«

Anna Iaccarino 

Für die Studentin ist ehrenamtliches Engagement selbstverständlich. Durch ihren Einsatz rettet sie viele, viele Lebensmittel vor der Tonne. So sehe aktiver Umweltschutz aus, findet sie.

25 Jahre Tafel Erlangen – und es geht weiter

An dieser Stelle soll ein großer Dank an alle ehrenamtlichen Mitarbeitenden stehen. Ihre Motivation, ihr Alter, ihre Lebenssituationen unterscheiden sich, aber das haben sie gemeinsam: Ohne sie hätte sich die Tafel Erlangen in den vergangenen 25 Jahren nicht zu dem entwickeln können, was sie heute ist. Auch all den Unterstützern*innen sei herzlich gedankt. Mit den umfangreichen Spenden kann ein geregelter Tafelbetrieb gewährleistet werden. Immer wieder treten neue Partner*innen an die Tafel heran, um die Kunden*innen gemeinsam mit Lebensmitteln und Produkten des täglichen Lebens zu versorgen. Und auch an Nachwuchs im Team mangelt es nicht: Immer mehr junge Menschen kommen dazu und engagieren sich. Eines ist klar: Ohne die tatkräftigen Hände von Ehrenamtlichen gäbe es die Tafel nicht – damals und heute.

Viola Lier

»Wir haben einen starken Zusammenhalt.« 
 

Theresia Sandmeier 

mag besonders das gute Miteinander im Team – denn das motiviert sie immer wieder aufs Neue.

Jochen Kasper (l.) und Manfred Jelden 

machen ihren Job sehr gewissenhaft. Sie gehören zum Team der Fahrer und arbeiten gern zusammen.

Das Tafel-Mobil

2017 wurde das Tafel-Mobil ins Leben gerufen. Einmal pro Woche erhalten bedürftige Menschen im Stadtgebiet Erlangen Lebensmittel nach Hause geliefert. 

Sie sind aufgrund ihres Alters, ihrer Behinderung oder ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage, die Ausgabestellen der Tafel selbstständig aufzusuchen. 

Seit 2021 gibt es neben zwei Autos noch ein E-Lastenrad, mit dem die Lebensmittel ausgefahren werden können. Ein Minijobber und vier Ehrenamtliche sind für das Tafel-Mobil beschäftigt. Die Arbeit ist zu 100 Prozent aus Spenden finanziert. Seit Beginn hat sich die Zahl der belieferten Haushalte mehr als verdreifacht, von 13 auf 44.

Herbert Bollmann, Ehrenamtlicher

»Das Rad ist perfekt für die Belieferung in der Erlanger Innenstadt.«

 

 

Andreas Wiest

Sein Herz schlägt für das Tafel-Mobil. Denn der Besuch der Lieferanten*innen ist für einige Kunden*innen der einzige persönliche Kontakt in der Woche.
 

Die Menschen hinter den Zahlen

Walter B. ist schwerbehindert und deshalb arbeitsunfähig. Wegen seiner niedrigen Rente ist die wöchentliche Unterstützung durch die Tafel für ihn sehr wichtig. Weil Corona für ihn besonders gefährlich sein kann, verlässt der 51-Jährige das Haus seit der Pandemie nur selten. Das Tafel-Mobil stellt eine große Hilfe für ihn dar. Jeden Mittwoch öffnet er seine Wohnungstüre mit einem Lächeln. Denn neben der Versorgung mit Lebensmitteln bringen die Mitarbeitenden meist noch etwas Zeit für ein freundliches Gespräch mit.

Die 74-Jährige Doris M. aus Büchenbach pflegte sechs Jahre lang ihren Mann. »48 Jahre waren wir verheiratet. Seit seinem Tod habe ich niemanden mehr.« Die ehemalige Friseurin ist heute selbst schwer lungenkrank, geht momentan wegen Corona nicht mehr selbst zum Einkaufen. Wie für viele andere ist das Tafel-Team ein wichtiger Kontakt: »Sie sind immer sehr freundlich«, sagt sie, »und natürlich all die leckeren Sachen! Von meinen 340 Euro im Monat könnte ich sonst nicht leben.«

 

Nützliche Links und Downloads

Kontakt

Elke Bollmann. Eine Frau mit schulterlangem dunkelbondem Haar und Brille.

Elke Bollmann Einrichtungsleitung

Raumerstraße 9
91054 Erlangen

(09131) 63 01 – 129
0172 824 51 01
(09131) 63 01 – 120 (Sekretariat)

tafel@diakonie-erlangen.de

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